Ich bin ein Opfer der Weltwirtschaftskrise. Fünfzehn Jahre arbeitete ich unter hoher Belastung in einer gut bezahlten, intellektuell herausfordernden Tätigkeit im Immobilieninvestmentbanking – damit war 2008 Schluss. Aufgrund der Weltwirtschaftskrise verschwand erst das Geld, dadurch minderten sich die Aufträge und ich wurde ausrangiert. Dies war ein schrecklicher Einblick in menschliche Abgründe. Es ging ums nackte Überleben.
Ende 2009 brach ich vollkommen zusammen. Jeden Tag ging ich ins obere Badezimmer, setzte mich auf den Boden der Duschkabine, ließ das Wasser über mich laufen und brach in Tränen aus. Ich war verzweifelt, sah keine Zukunft mehr und das Geld wurde immer knapper. Ich verbarg meinen Zustand vor allen und weinte alleine, damit meine Frau und meine Kinder es nicht hörten. Zwei Jahre leichte Depressionen und Angstzustände entwickelten sich zu einer Major Depression und Generalisierten Angststörung.
Mein Zustand war so unermesslich wie der schlimmste Kater oder Migräne. Ich lief auf Autopilot, hatte zwei bis drei Stunden Schlaf nachts. Ich war wütend, leicht reizbar, fordernd, bedürftig und anhänglich. Ich konnte mich weder konzentrieren noch an Gesprächen teilnehmen. Es war schrecklich. Nach sechs Monaten hatte ich genug und zog mich selbst aus dem Sumpf. Nachdem ich handgreiflich gegen Menschen in meiner Umgebung wurde, musste ich einen hohen Preis bezahlen. Ich schlug auf einen Freund ein, auf den ich mich während meiner Krankheit ein kleines bisschen verlassen hatte. Da wusste ich, ich muss etwas tun.
Ich wurde von einem klinischen Psychologen untersucht und bin nun auf dem Weg der Besserung. Dieser Weg ist langsam, schwierig und mit Rückschlägen verbunden, aber ich sehe jetzt, wem ich wirklich etwas bedeute. Und das ist wunderbar. Ich habe in etwa zehn Menschen, die sich aufrichtig für mich interessieren und das ist in dieser Zeit und diesem Alter ziemlich gut. Meine Frau ist wirklich toll und die toleranteste und fürsorglichste Person, die ich mir wünschen könnte. Ich liebe sie sehr. Die bedingungslose Liebe im Lächeln und in den Umarmungen meiner kleinen Kinder hilft unheimlich.
Für mich war es am wichtigsten, jene Einflussfaktoren herauszufinden, die mir dabei helfen würden wieder gesund zu werden. Diese waren Schlaf, soziales Engagement, Arbeit mit Menschen, die mich und das, was ich mache, schätzen und etwas zu verändern bei denen, die ich schlecht behandelt hatte. Trainieren ist enorm wichtig für mich. Ich schwimme und reite fast täglich. Versuchen Sie einen Trainingspartner zu finden, der weiß, was Sie durchleben. Das ist eine positive Unterstützung.
Etwas zu verändern war hart. Manche Menschen kennen dich nicht gut genug. Einige scheuen sich vor psychischen Krankheiten und andere wollen nicht verzeihen. Negatives Verhalten muss dem Leidenden zur Kenntnis gebracht werden – aber seien Sie behutsam. Mein Rat an Familie und Freunde: Lassen Sie eigene Gefühle und Vorurteile gegenüber psychischen Krankheiten außen vor. Wenn ein Leidender im Stich gelassen wird oder zu sehr kritisiert wird, verletzt ihn das zutiefst, verschärft die Krankheit und verlängert, wie in meinem Fall, den Genesungsprozess um Monate. Der innere Kreis des Leidenden wird dabei beeinträchtigt, also bitte achten Sie auf das, was Sie tun. Bei manchen habe ich zu einer Versöhnung gedrängt, ohne ihre Wünsche zu berücksichtigen und musste so meine Lektion lernen.